Diskussion über Bienenlinien

Grundlagen des Linienstreites zwischen deutschen Imkern

Wer kennt es nicht? Zwei Imker haben drei Meinungen zu der besten Honigbienenrasse für die lokale Umgebung. Nur sehr selten vergeht eine Imkerversammlung bei der nicht über “Carnicas, Buckfast und Schwarze” gestritten wird. Gerne ufert das dann auch noch in erbitterte Diskussionen über verschiedene Zuchtlinien aus. Sind nun die Carnica-“Stämme” Troiseck, Sklenar oder was auch immer “besser”?

Gibt es einen Grund für diese anhaltende Aufregung? Offensichtlich nein, aber gehen wir der Reihe nach vor.
Ursprünglich, oder besser was wir dafür halten, also bis zu Beginn des 20. Jhds. wurde in Deutschland hauptsächliche eine dunkle Honigbienen-Varietät gehalten. Diese wird oft als Unterart Apis mellifera mellifera oder auch Schwarze Biene bezeichnet. Berichte über wildlebende Bienenvölker in Bäumen aus damaliger Zeit sagen übrigens nichts darüber aus daß dies die vormenschlich hier heimische Bienenvarietät war. Viel mehr ist dies ein Zeichen der damaligen Betriebsweise in der Bienen”stöcke” mehr oder weniger bewusst zum Schwärmen gebracht wurden – nicht alle Schwärme fand man und nicht alle waren dann auch erreichbar.

Später wurden dann, durch öffentliche Institutionen gefördert und gefordert, sehr umfangreich Bienen-Varietäten kärntischen Ursprungs, die sogenannten Carnica oder Apis mellifera carnica vermehrt. Diese zeichneten sich damals in einer vergleichsweise geringen Schwarmneigung aus und wurden für die gleichzeitig umgestellte Betriebsweise (Magazinbeuten anstatt Körbe, Klötze oder enge/unflexible Hinterbehandler) bevorzugt. Schon wenig später waren selbst in den Gebieten die an traditionellen Betriebsweisen festhielten (Heideregionen) keine genetisch reinen “Schwarze” mehr zu finden (c.f. Armbruster).

Wir fassen zusammen: Bereits seit ca. 75 Jahren gibt es in Deutschland keine genetisch reinen mellifera mehr. Die eingeführten carnica können im Umkehrschluß auch nur über kurze Zeit genetisch “rein” (geschlossene Population) gewesen sein.

Der Gedanke hinter Bruder Adams Buckfast-Zuchtkonzept ist nun diese Vermischung als gegeben zu akzeptieren und daraus Vorteile anzustreben – ein Konzept das ebenfalls bereits die frühen Populationsgenetiker darlegten: Vitalität durch Heterozygotie. Der zweite mögliche Vorteil aus der Kreuzungszucht beruht auf der Tatsache daß Erbinformation nicht ein fester Block ist sondern aus mehreren Bänden, den Chromosomen, besteht. Diese werden bei der Reproduktion aus einzeln weitergegeben. So ist es möglich aus zwei ursprünglichen Linien jeweils das Vorteilhafte in einer neuen Linie zu kombinieren. Natürlich ist dies nicht sonderlich wahrscheinlich; die Aufteilung erfolgt zufällig. Eine strenge und intelligente Selektion ist unbedingt erforderlich.
Wieso intelligent? Weil viele Selektionskriterien auf den ersten Blick praktisch erscheinen in Realität aber eine andere, wenn auch in der Erscheinung ähnliche, Eigenschaft auswählen. Zum Beispiel verwendet ein Zuchtprogramm unter Regie sogenannter wissenschaftlicher Institute die “Ausräumgeschwindigkeit” getöteter Brut als Zeichen für Varroatoleranz. Klingt auf den ersten Blick gut – ist es aber nicht! Die Brut wird durch Nadelstiche durch den Zelldeckel getötet, Varroamilben vermehren sich aber unter dem geschlossenen Deckel. Schön, sie werden “hygienische” Bienen finden, varroatolerant werden sie höchstens per Zufall sein.

Wozu dieser lange Ausflug in die Zuchtmethodik?
Ich hoffe das Nachdenken darüber macht folgendes klar:

  1. Es gibt keine “reinen” Linien! (Das wäre aus anderen Gründen auch fatal: Sexallele brauchen Vielfalt!)
  2. Jede Betriebsweise bevorzugt andere Eigenschaften (Jeder Imker hat eine eigene Spezial-Betriebsweise und braucht deswegen seine eigene Biene)
  3. Die Vielfalt unterschiedlicher Bienen schadet nur faulen Imkern die nicht umfassend selektieren oder sich keine Gedanken über Selektionsmerkmale machen.
  4. Zuchtrichtungen wie “Sklenar”, “Peschetz” und “Troiseck” waren die Bienen erfolgreicher Imker vergangener Jahrzehnte. Sie wären, wenn sie denn rein erhaltbar/erhalten gewesen wären, keinem heutigen Betriebsleiter von Hilfe.